Belém: Der Schritt in den Abgrund - Ein Nachruf auf die Vernunft
Lesezeit: Zu lang für die Aufmerksamkeitsspanne der Weltpolitik
Es ist vorbei. COP30 in Belém ist Geschichte. Und wenn man den Schlagzeilen glauben darf, dann hat die Menschheit gerade noch einmal die Kurve gekriegt. „Die Welt gewinnt den Kampf gegen die Klimakrise nicht, aber sie befindet sich immer noch in diesem Kampf“, lässt sich der UN-Klimachef zitieren. Puh. Gott sei Dank. Wir sind "noch im Kampf".
Wisst ihr, was das klingt? Das klingt wie der Trainer, der seinem Boxer in der zwölften Runde zuflüstert: „Du blutest aus beiden Augen, deine Beine sind Wackelpudding und du hast vergessen, wie du heißt – aber hey, du stehst noch!“
Spart euch eure Metaphern.
Dieser Satz ist eine Bankrotterklärung, verkleidet als Durchhalteparole. Wenn wir den Kampf gegen die Klimakrise "nicht gewinnen", dann bedeutet das nicht, dass wir den zweiten Platz belegen und eine Silbermedaille bekommen. Es bedeutet, dass wir verlieren. Und in diesem speziellen Spiel bedeutet "Verlieren" nicht, dass wir traurig nach Hause gehen. Es bedeutet, dass es kein Zuhause mehr gibt, zu dem wir gehen können.
Wir kämpfen hier nicht um einen Pokal oder um "die Welt als liebenswerten Ort", wie es in Sonntagsreden gerne heißt. Wir kämpfen um das nackte, dreckige Überleben unserer Spezies und der Ökosysteme, die uns am Atmen halten. Zu sagen, wir seien "noch im Kampf", während wir gerade sehenden Auges in die 2,5-Grad-Hölle rasen, ist keine Hoffnung. Es ist Hohn.
Der „Schritt in die richtige Richtung“ führt direkt über die Klippe
Und dann dieses andere Zitat, das mir die Galle hochtreibt: „Es ist nicht perfekt, aber es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.“
Bitte?
Lass uns kurz über Mathematik reden, diese lästige Wissenschaft, die Politiker so gerne ignorieren. Wir müssen die Emissionen um 60 % senken, um eine Chance zu haben. 60 Prozent! Und was liefert Belém? Wenn wir alle Augen zudrücken, viel Glück haben und die Statistik frisieren, schaffen wir vielleicht 12 %.
Stell dir vor, du springst über einen 10 Meter breiten Abgrund. Du schaffst aber nur 1,20 Meter. Würdest du im freien Fall nach unten rufen: „Es war nicht perfekt, aber ein großer Schritt in die richtige Richtung!“? Nein, du würdest aufschlagen. Und genau das tun wir. Dieser Deal ist kein Schritt nach vorn, es ist ein Schritt ins Leere.
Belém: Der Ort, an dem die Hoffnung starb
Die Ironie, dass dieses Trauerspiel ausgerechnet in Belém, am Tor zum Amazonas, stattfand, ist kaum zu ertragen. Man hätte meinen können, die Kulisse des sterbenden Regenwaldes würde den Delegierten Beine machen. Stattdessen haben wir eine Veranstaltung erlebt, die nicht einmal den Namen "Nullnummer" verdient. Eine Nullnummer wäre wenigstens neutral gewesen.
Aber das hier? Das Abschlusspapier von Belém ist aktiv schädlich. Warum? Weil es so tut, als hätten wir etwas erreicht. Es suggeriert Handlungsfähigkeit, wo nur Arbeitsverweigerung herrscht. Es legitimiert das "Weiter so" mit ein paar grünen Fußnoten.
Das Ergebnis zementiert den Status quo. Es gibt den fossilen Konzernen und den blockierenden Staaten genau das, was sie wollten: Zeit. Zeit, um weiter Profite zu machen, während die Zeitfenster für das physikalische Überleben zuknallen.
Fazit: Wacht auf
Hört auf, euch von diesen diplomatischen Nebelkerzen blenden zu lassen. „Fragile Deals“ und „unperfekte Schritte“ sind Codes für: Wir haben aufgegeben. Das war keine Konferenz für den Klimaschutz. Das war die notarielle Beglaubigung unseres Untergangs.
Wenn das der "Kampf" ist, in dem wir uns befinden, dann sollten wir aufhören, auf die Schiedsrichter zu hören, und anfangen, den Ring zu stürmen. Denn was in Belém beschlossen wurde, ist keine Diplomatie. Es ist eine Katastrophe für jedes Lebewesen auf dieser Welt.
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