Die Große Anpassung
Ein Blick auf die bevorstehende globale Immobilienkrise und die neue Diät
Nun, da die Aufregung um "Kipppunkte" und "Notstände" einer gewissen Ernüchterung gewichen ist – oder sagen wir, einer pragmatischen Akzeptanz der physikalischen Realitäten –, können wir uns den interessanteren, den praktischen Aspekten der fortschreitenden Klimakatastrophe widmen. Vergesst die schmelzende Gletscherromantik oder die pandemische Angst vor Hitzewellen. Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche: Wo werden die Leute leben, und was werden sie essen?
Die kalte Prognose ist, wie so oft, wenig schmeichelhaft für das menschliche Organisationsgeschick. Wenn ganze Landstriche schlicht unbewohnbar werden – sei es durch pegelsteigendes Salzwasser, das Küstenlinien neu zieht, durch permanente Unfruchtbarkeit infolge von Dürreperioden, die den Begriff "saisonal" ad absurdum führen, oder durch Temperaturen, die selbst die hartnäckigste Kakerlake zum Nachdenken bringen –, dann steht uns eine globale Immobilienkrise der besonderen Art bevor. Nicht mangels Nachfrage, wohlgemerkt. Sondern mangels verfügbarem, nutzbarem Raum.
Millionen, nun ja, wahrscheinlich eher Milliarden von Menschen werden feststellen, dass ihr angestammter Wohnort, ihre Heimat, aus rein objektiven Gründen keine mehr ist. Das bietet interessante logistische Herausforderungen. Wer nimmt wen auf? Nach welchen Kriterien? Und was passiert mit dem "Besitz", der zurückgelassen werden muss, weil er entweder physisch nicht mehr existiert oder unerreichbar geworden ist? Man kann davon ausgehen, dass die üblichen Mechanismen menschlichen Verhaltens greifen werden: Die, die haben, werden versuchen zu behalten. Die, die nichts mehr haben, werden versuchen zu nehmen. Diplomatie hat ihre Grenzen; Geografie, neu definiert durch Umweltbedingungen, hat oft keine Geduld für Verhandlungen.
Parallel dazu das Thema Ernährung. Die Vorstellung, dass die weltweite Nahrungsmittelproduktion um die Hälfte zurückgehen könnte, ist keine apokalyptische Vision aus einem schlechten Science-Fiction-Film, sondern eine ziemlich nüchterne Extrapolation dessen, was passiert, wenn die fundamentalen Bedingungen für den Anbau – stabiles Klima, Wasser, geeignete Böden – sich drastisch verschlechtern. Die "grüne Revolution" basierte auf relativ stabilen Parametern; diese Parameter sind nun in Auflösung begriffen.
Eine Halbierung der Nahrungsmittelproduktion bei gleichbleibender oder wachsender Weltbevölkerung ist, rein rechnerisch, ein elegantes Problem. Es führt unweigerlich zu einer massiven Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage. Der Preis für Nahrung explodiert, was für einen erheblichen Teil der Weltbevölkerung bedeutet, dass sie sich schlicht keine ausreichende Ernährung mehr leisten kann. Es wird Verteilungskämpfe geben, nicht nur zwischen Nationen, sondern auch innerhalb von Gesellschaften. Die Logistik der Nahrungsmittelhilfe wird von einer humanitären Geste zu einer strategischen Notwendigkeit, die aber an ihre Grenzen stößt, wenn es schlicht nicht genug zu verteilen gibt.
Hier verschmelzen die beiden Dimensionen – unbewohnbare Gebiete und Nahrungsmittelknappheit – nahtlos zur dritten: dem Konflikt. Wenn Menschen um die letzten bewohnbaren Flecken Land konkurrieren und gleichzeitig der Zugang zu lebensnotwendiger Nahrung zum entscheidenden Überlebensfaktor wird, dann sind die Bedingungen für Auseinandersetzungen optimal. Es geht nicht um Ideologien (zumindest nicht primär), sondern um Territorium und Kalorien. Klassische Geopolitik im Gewand der Umweltkrise.
Die militärisch-strategische Dimension ist dabei bemerkenswert unspektakulär, wenn man den zynischen Blick beibehält. Es geht weniger um glänzende High-Tech-Kriege als vielmehr um Grenzsicherung gegen "Klima-Migranten", um die Kontrolle über verbliebene fruchtbare Gebiete oder Wasserquellen und um die Niederschlagung von Aufständen, die aus Hunger und Verzweiflung entstehen. Die Armee wird zum erweiterten Katastrophenschutz und zur bewaffneten Zollbehörde. Eine eher unglamouröse Rolle, aber eine, die angesichts der Umstände logisch erscheint.
Man könnte fast eine gewisse Bewunderung für die pure, ungeschminkte Konsequenz der physikalischen Gesetze entwickeln. Keine Moral, keine Verhandlungen, nur Ursache und Wirkung. Wir haben die Ursache gesetzt, nun erleben wir die Wirkung. Die Große Anpassung wird kein angenehmer Prozess sein, keine sanfte Landung. Eher ein erzwungener globaler Umzug begleitet von einer drastischen, unfreiwilligen Diät, beides garniert mit dem würzigen Aroma zwischenmenschlicher Konflikte.
Und das, ganz ohne Alarmismus, ist die kalte Prognose. Man könnte fast versucht sein, sich ein Glas Wasser einzuschenken – solange es noch verfügbar und bezahlbar ist.
Setzen wir die Betrachtung der Großen Anpassung fort, diesmal mit Fokus auf die dynamische Phase der Eskalation. Wenn die anfängliche "globale Immobilienkrise" und die "neue Diät" erst einmal Grundbedingungen geschaffen haben, die für ausreichend Unzufriedenheit und existenziellen Druck sorgen, beginnt das, was man euphemistisch als "Neuausrichtung der Kräfte" bezeichnen könnte.
Die angespannte Lage, gespeist aus schwindendem Lebensraum und knurrenden Mägen, ist keine statische Bedingung. Sie ist ein Nährboden. Zuerst sieht man die lokalen Reibereien: der Streit um den ausgetrockneten Brunnen, die Handgreiflichkeiten an der Verteilstelle für knappe Lebensmittel, der bewaffnete Hirte, der seine Herde auf das Feld des sesshaften Bauern treibt, weil es anderswo nichts mehr gibt. Das sind die Vorboten, das leise Knistern, bevor das Feuer richtig entflammt.
Dieser Zustand der erhöhten Spannung ist ökonomisch ineffizient und sozial anstrengend. Irgendwann drängt sich die Notwendigkeit einer "Lösung" auf. Und da die Ursachen – unbewohnbares Land und fehlende Nahrung – physikalischer Natur sind und sich nicht wegverhandeln lassen, verlagert sich die Lösungssuche auf die Verteilung der verbleibenden Ressourcen. Hier beginnt der Übergang zum Konflikt.
Konflikt in dieser Phase bedeutet oft die Organisierung von Gruppen. Nachbarschaften schließen sich zusammen, ethnische oder regionale Identitäten gewinnen an Bedeutung, nicht aus einem neu erwachten kulturellen Bewusstsein, sondern aus der simplen Logik der gemeinsamen Verteidigung oder des gemeinsamen Zugriffs. Bewaffnete Milizen, die anfänglich nur das eigene Territorium oder die eigenen Vorräte schützen, werden schnell zu Akteuren, die versuchen, den Zugang zu Ressourcen in anderen Gebieten zu erzwingen. Es ist eine Art beschleunigte Feudalzeit, in der Sicherheit und Versorgung lokal neu geregelt werden, oft mit Waffengewalt. Nationale Regierungen, sofern sie noch existieren, sind entweder zu schwach, um effektiv einzugreifen, oder sie werden selbst zu einer Kriegspartei, die versucht, die Reste des Staatsgebiets und die dortigen Ressourcen zu sichern.
Dieser Konflikt eskaliert zum offenen Kampf, zum Krieg. Nicht unbedingt im Sinne von Panzerschlachten und Luftangriffen – obwohl auch das vorkommen mag, wenn Staaten zerfallen und ihr militärisches Inventar in die falschen Hände gerät. Vielmehr sind es Kriege um Korridore für Fliehende, um die Kontrolle von Flussläufen, um die wenigen verbliebenen Ackerflächen oder strategisch wichtige (weil noch halbwegs intakte) Infrastruktur wie Häfen oder Straßenknotenpunkte. Es sind Kriege der Notwendigkeit, getrieben von der puren Arithmetik des Überlebens. Ideologie wird zu einem dünnen Deckmantel für den Kampf ums Dasein.
In dieser Phase des Kampfes beginnt der eigentliche Kollaps, der systemische Zusammenbruch. Staaten verlieren endgültig die Kontrolle über weite Gebiete. Die Wirtschaft, die auf globalen Lieferketten und stabilem Handel basierte, zerfällt in lokale Tauschsysteme oder schlicht Plünderung. Öffentliche Dienstleistungen – Gesundheitswesen, Bildung, grundlegende Verwaltung – stellen ihren Betrieb ein. Die Infrastruktur verfällt oder wird gezielt zerstört, um dem Gegner zu schaden. Das Gewaltmonopol des Staates, eine relativ junge und in vielen Teilen der Welt ohnehin fragile Errungenschaft, löst sich auf.
Was zurückbleibt, ist eine Fragmentierung. Regionen oder lokale Gemeinschaften ziehen sich auf sich selbst zurück, verteidigen ihr Territorium gegen alle Außenstehenden. Das übergeordnete System bricht in seine Einzelteile oder noch kleinere Einheiten auseinander. Der "Kollaps" ist also kein einzelnes Ereignis, sondern ein Prozess der Desintegration auf mehreren Ebenen – politisch, wirtschaftlich, sozial. Die Komplexität moderner Gesellschaften wird unter dem Druck existenzieller Krisen und militärischer Konflikte abgebaut. Es ist eine Regression, eine unfreiwillige Rückkehr zu einfacheren, aber auch brutaleren Formen der Organisation.
Aus einer zynischen Perspektive könnte man sagen: Die Menschheit optimiert sich unter extremen Bedingungen. Nicht im Sinne von Fortschritt, sondern im Sinne der Reduktion auf das Notwendige. Überleben. Und die Methoden dafür werden, wie die Geschichte zeigt, unter Druck selten zimperlich gehandhabt. Der Weg von der angespannten Lage über den Konflikt zum Kampf und schließlich zum Kollaps ist, betrachtet man die Ausgangsbedingungen nüchtern, eine bemerkenswert geradlinige Entwicklung. Eine Entwicklung, die man kommen sehen konnte, wenn man nicht von der Hoffnung auf eine deus ex machina Rettung abgelenkt war.
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